Coachingbericht zum Thema
-Dreiecksbeziehung-

Lesen Sie hier von Karin und Jürgen, die im Rahmen einer Paar-Beratung/Coachings
über ihre mögliche Trennung sprachen, weil Jürgen zu der Zeit eine Außenbeziehung hatte.
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Im Drei-Eck springen!

Der Fall: Karin und Jürgen waren zu dem Zeitpunkt, als sie in meine Praxis kamen, ein gut situiertes Paar, beide Anfang 60, seit 35 Jahren verheiratet, beide berufstätig, keine Kinder. Jürgen war seit über 30 Jahren  für ein großes Industrieunternehmen im Außendienst tätig (auch international) und somit viel unterwegs. Karin arbeitete als Kunstlehrerin an einem Gymnasium. Beiden ging es finanziell sehr gut; sie hatten ein abbezahltes Eigenheim, keine Schulden, unternahmen viele Fernreisen und Kreuzfahrten und hatten einen großen gemeinsamen Freundeskreis. Als sie zu mir kamen unterhielt Jürgen seit mehreren Monaten eine außereheliche Beziehung, die er sehr lange vor Karin geheim gehalten hatte. Nur durch Zufall hatte Karin davon erfahren und Jürgen umgehend ein Ultimatum gestellt, sich von der anderen Frau (Marianne) zu trennen. Jürgen hatte daraufhin die Affäre beendet, aber nach ein paar Wochen die Beziehung zu Marianne wieder aufgenommen. Diesmal spielte er mit offenen Karten und teilte Karin seinen Entschluss mit, sich Zeit nehmen zu wollen, um herauszubekommen, was er wirklich wollte. Weil Karin ihre Ehe retten wollte, stimmte sie zu, bestand aber darauf, dass sie eine Paarberatung in Anspruch nahmen, die den Prozess begleiten sollte.

Coachingverlauf: Karin war also die treibende Kraft gewesen, zur Paarberatung zu kommen, während ich gleich zu Beginn des Beratungs- und Coachingprozesses beobachtete, dass Jürgen eher widerwillig daran teilnahm. Dementsprechend „sparsam“ waren seine Wortbeiträge und seine grundsätzliche Kommunikationsbereitschaft tendierte gegen Null. Ich spiegelte den Beiden meine diesbezügliche Beobachtung und fragte nach, ob diese Form der ungleich verteilten Kommunikationsanteile typisch für ihre Beziehung sei. Karin nahm meine Frage zum Anlass, sich über Jürgens Schweigen zu beschweren und gab es u.a. als Grund für ihre Beziehungsprobleme an, während Jürgen wiederum ihr hohes Bedürfnis nach kommunikativem Austausch als einen der Gründe dafür ansah, dass er sich einer anderen Frau zugewandt hatte. Ich griff seinen Hinweis auf und fragte ihn, was Karins (in seinen Augen) gesteigertes Redebedürfnis in ihm auslösen würde? Er berichtete, dass er sich permanent genötigt fühlen würde, sich für ihre Themen zu interessieren und sich gleichzeitig ständig hinterfragt fühlen würde, nicht zuletzt, weil er ganz andere Themen hätte, die ihn interessierten. Ich fragte ihn, ob es ihm besser gehen würde, wenn er mehr Redeanteil bekommen (sich nehmen) würde, um seine Themen zu platzieren? Er dachte einen Moment lang nach, um dann zu antworten, dass er schon seit Längerem das Gefühl hätte, dass seine Themen nicht ihre wären und sie sich eigentlich nichts mehr zu sagen hätten. Als ich ihn fragte, ob das bei Marianne anders wäre, bejahte er das nachdrücklich. Ich bat ihn, mir zu schildern, was genau der Unterschied sei. Jürgens Köperhaltung veränderte sich und er nahm nun eine aufrechte Sitzposition ein. Er erzählte, dass er sich verändert und mit den Jahren weiterentwickelt hätte. Dass zuvor mit Karin geteilte Ziele und Wertvorstellungen nicht mehr die seinigen wären und er sich durch Karins Einstellungen und Überzeugungen limitiert und somit in seiner Lebensführung eingeschränkt fühlen würde. Als Beispiele dafür nannte er Themen wie Religion und Moral, Sexualität, gesellschaftlicher Status und insbesondere die zukünftige Lebensplanung.

Ich fragte ihn, ob er sich sozusagen alleine auf eine (innere) Reise begeben hätte, bei der er Karin nicht mitgenommen hätte? Als er das bejahte fragte ich ihn, warum er seine Ehefrau nicht daran hatte teilhaben lassen. Er beschrieb seine Reise wie eine Art „Spaziergang“, bei dem er zuerst sehr langsam losgegangen wäre, sich mit der Zeit aber immer mehr vom seinem ursprünglichen Ausgangspunkt entfernt hätte. Sein Bestreben, die Welt neu zu entdecken (O-Ton,) sei mit der Zeit immer größer geworden, je mehr er seinen persönlichen Horizont erweitert hätte. Zu diesem Zeitpunkt lernte er Marianne kennen, die auf einer ähnlichen Reise unterwegs war. Sie war es auch, die ihn zu immer neuen Fragen an sich selbst ermutigte, Fragen, die er sich nie zuvor gestellt hatte. Bei ihr hätte der das Gefühl, alles aussprechen zu dürfen, was ihn bewegte. Alles hinterfragen zu können, ohne sich dabei bewertet oder schwach zu fühlen. Er fühle sich bei ihr angenommen, wie er war, auch, wenn er im Moment noch gar nicht genau sagen könne, wer er eigentlich sei. Selbst, wenn sie unterschiedlicher Meinung wären, so teilten sie doch die Art und Weise, über Fragen, das Leben betreffend, nachzudenken und sie gab ihm die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Er beschrieb die Beziehung zu Marianne mit folgendem Bild: „Ich stehe auf einem Berg, schaue in die Weite und rufe ganz laut meinen Namen, so als wollte ich mich dadurch selbst in die Welt tragen. Und ich erhalte ein Echo!“

Natürlich kann man sich vorstellen, dass Karin sehr betroffen war, als sie all das hörte, aber sie war auch wütend. Sie warf Jürgen vor, sie an diesem Prozess nicht hatte teilhaben lassen und sie deswegen von ihm nicht die Gelegenheit erhalten hatte, sich mit ihm zusammen weiterzuentwickeln. Er gab ihr unumwunden Recht und begründete seinen Alleingang damit, dass er nach all den Jahren der gemeinsame Beziehung das Gefühl gehabt hätte, keine eigenständige Person mehr zu sein, sondern nur ein Teil eines Gespanns und das hätte ihm nicht mehr gereicht. Er wolle sich wieder spüren, als der, der er sei und eben nicht nur als Ehemann und Versorger.

Beispielhafte Coaching-Intervention: Damit Karin und Jürgen wieder ins Gespräch kommen und sich gegenseitig zuhören, habe ich mich für die Methode Sokratischer-Dialog entschieden, die ursprünglich aus der kognitiven Verhaltenstherapie kommt. 

Kurze Methodenerklärung: Mit Hilfe des Sokratischen Dialogs wurde ein Zwiegespräch zwischen Karin und Jürgen initiieren, bei dem verschiedene Fragetechniken eingesetzt wurden. Die zentralen Fragestellungen, die dabei bearbeitet wurden waren > „Was ist das?“, „Darf ich das?“ und „Soll ich das?“ Durch diese Art der Fragenstellung wurden die Aussagen und Denkmuster der Klienten sichtbar gemacht, hinterfragt und auf mögliche Wiedersprüche geprüft.

Weiterer Cochingsverlauf: Bei der Fragestellung „Was ist das“ ging es z. B. darum, dass Karin und Jürgen ihre Definition von Liebe und Vertrauen erklärten. Aber auch darum, was sie, jeder für sich, für moralische Vorstellungen haben.

Bei der Fragestellung „Darf ich das?“ ging es um die Vertiefung von eigenen ethisch-moralischen Wertvorstellungen und die damit verbundenen Einstellungen und Auswirkungen auf das eigene Leben.

Bei der Fragestellung „Soll ich das?“ ging es darum, wie zielführend und funktional bestimmte Einstellungen und Handlungen der Klienten sind und welche ganz persönlichen Lebensziele sie (noch) haben, aber auch darum, welche möglichen Vermeidungsstrategien angewandt werden, um z. B. keine Entscheidung treffen zu müssen.

Anmerkung: Der komplette Prozess des Sokratischen Dialoges zog sich über einige Coachingsitzungen hin, aber Karin und Jürgen waren beide sehr engagiert, offen und mutig, sich all den Fragen und auch den Antworten, des jeweils anderen, zu stellen. Es war spannend zu beobachten, in welchen Bereichen sie eine große Übereinstimmung erzielten und in welchen nicht. Es gab Momente großer Nähe, aber auch großer Distanz während des Prozesses, es wurde zusammen geweint, aber auch gelacht, aber vor allem, wurde wieder miteinander gesprochen und zwar auf eine Art und Weise und mit einer Ehrlichkeit, die in der Form zuvor nie möglich gewesen war.

Fazit: Am Ende des Beziehungscoachings haben Karin und Jürgen sich darauf geeinigt, dass Jürgen sich erst einmal eine kleine Wohnung sucht und für unbestimmte Zeit auszieht. Ihm war klar geworden, dass er seine „Reise“ nicht beenden wollte, aber er wollte Karin in Zukunft mehr daran teilhaben lassen. Gleichzeitig hatte er Karin zu verstehen gegeben, dass er die Beziehung Marianne nicht aufgeben wollte, denn sie war ein Teil seiner Reise, auf den er nicht verzichten wollte. Ob er Marianne allerdings liebte, konnte er damals nicht eindeutig sagen, aber er konnte sagen, dass er für Karin nach wie vor Liebe empfand. Ob diese Liebe allerdings für den Fortbestand der Ehe reichen würde, wusste er nicht. Karin war nach wie vor sehr traurig und auch verletzt, wegen der Außenbeziehung ihres Mannes, aber sie war nicht mehr wütend. Die Gespräche mit Jürgen hatten ihr verdeutlich, dass sie sich mit den Jahren in unterschiedliche Richtungen entwickelt hatten und sie fing an, sich seit vielen Jahren mit sich selbst auseinanderzusetzen. Sie hatte erkannt, dass sie sich im Verlauf ihrer Ehe sehr oft untergeordnet und nicht mehr hinterfragt hatte. Deshalb entschied sie sich dazu, weiterhin zu mir ins Individual-Coaching zu kommen, um den bei ihr angestoßenen Prozess von mir begleiten zu lassen.

Ca. 2 Jahre später haben Karin und Jürgen sich endgültig getrennt und Jürgen ist mit Marianne zusammen gezogen. Karin wohnt immer noch im gemeinsamen Haus, vermietet aber mittlerweile 2 Zimmer an 2 junge Studentinnen und fühlt sich mit der neuen Wohnsituation wohl. Sie hat wieder angefangen zu malen und bereits eine kleine eigene Ausstellung auf die Beine gestellt, worauf sie sehr stolz ist.

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