Coachingbericht zum Thema
-Entscheidungsfindung-

Lesen Sie hier den Bericht von Harald, der im Rahmen einer Individual-Beratung/Coachings
für sich und seine Familie eine Entscheidung treffen wollte!
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Die Qual der Wahl!

Der Fall: Harald kam zu mir mit einem beruflichen Anliegen. Er war zu dem Zeitpunkt 38 Jahre alt, verheiratet und Vater von 2 Kindern. Als IT-Beauftragter einer großen Firma hatte er das Angebot bekommen, für 2 Jahre in die USA zu gehen, um die dortige neue Niederlassung mitaufzubauen; ein sehr gutes Angebot, in finanzieller, wie in beruflicher Hinsicht. Da er das Land bereits aus der Zeit eines einjährigen Schüleraustausches kannte, und zudem die Sprache sehr gut spricht, hatte er keinerlei Bedenken, was die mit der neuen Aufgabe verbundenen Herausforderungen anbelangte und auch seine Frau stand dem Angebot positiv gegenüber. Trotzdem fühlte Harald sich mit der Entscheidung für oder gegen das Angebot überfordert und konnte keine Entscheidung treffen. Sein Arbeitgeber wollte eine zeitnahe Antwort und Harald stand massiv unter Druck. Er konnte nicht mehr schlafen, kaum noch essen, war gereizt und unausgeglichen und drehte sich gefühlt im Kreis.

Coachingverlauf: Um Ordnung in sein Gefühlsleben zu bekommen haben wir als erstes eine klassische Pro- und Contraliste erstellt. Harald ging die Sache sehr strukturiert an und listete alle sachlichen Gründe für oder gegen das Angebot auf. Das Ergebnis war ein klares Pro! Harald sah sich die Liste an und sein Blick blieb immer wieder an den Contra-Punkten hängen. Ich spiegelte ihm meine Beobachtung und er bestätigte meinen Eindruck. Auf die Frage, was er beim Betrachten der Contra-Punkte fühlen würde, antwortete er unumwunden ANGST! Ich fragte ihn, wo in seinem Körper er die Angst spüren würde und er zeigte auf seinen Bauch. Gefühlt würde sich alles in seinem Magen zusammen ziehen und es rumorte permanent in seinen Eingeweiden. Er gab zu, seit einigen Tagen unter massiver Verstopfung zu leiden und gleichzeitig das Gefühl zu haben, sich permanent übergeben zu müssen. Ich fragte ihn, ob er seiner Angst einen Namen geben könnte und er antwortete spontan –Eltern-. Er erzählte mir, dass seine Eltern gegen den Auslandsaufenthalt wären und ihn unter Druck setzen würden. Insbesondere seine Mutter sei dagegen, denn eigentlich war geplant gewesen, dass Harald und seine Familie auf dem elterlichen Grundstück ein Haus bauen sollten, an dem sich seine Eltern finanziell beteiligten wollten. Eine einmalige Gelegenheit, um günstig an ein Eigenheim zu kommen, zumal in einer Wohngegend, in der die Grundstückspreise in den letzten Jahren massiv angestiegen waren. Seine Mutter erhöhte den Entscheidungsdruck, indem sie Harald erzählte, dass seine jüngere Schwester seit Kurzem ebenfalls Interesse an dem Grundstück angemeldet hätte und dass, sollte Harald sich nicht bald entscheiden, seine Schwester den Zuschlag erhalten würde. Ein klassisches Dilemma!

Beispielhafte Coaching-Intervention: Um Harald die Möglichkeit zu geben, sich aus dem Dilemma zu befreien, habe ich seine Wahlmöglichkeiten um 2 weitere Komponenten ergänzt. Man nennt diese Methode Tetralemma und sie ist eine Form der Struktur-aufstellung. Bei dieser Übung geht es darum, weitere Optionen zuzulassen, um ein Gesamtbild an Entscheidungsmöglichkeiten zu erhalten, bis hin zu einer kompletten Distanzierung (Verwerfung) des Angebots.

Kurze Methodenerklärung: Zu diesem Zweck werden in Form von beschrifteten Karten die beiden gegenteiligen Entscheidungsoptionen sich gegenüberliegend auf den Fußboden gelegt > also -das Eine und das Andere-. Als dritte Entscheidungsmöglichkeit wird die Karte -Beides-Lösung- hinzugefügt, die beide Optionen enthält und die vierte Karte steht für die Möglichkeit Keins von beiden als Entscheidungsmöglichkeiten auszuwählen und somit eine ganz andere Lösung in Betracht zu ziehen. Etwas außerhalb dieses Quadrats liegt eine fünfte Karte die -All dies nicht und selbst das nicht- heißt und somit ganz neue Überlegungen aus der sogenannten Meta-Ebene (Adlerperspektive) heraus zulässt.

Weiterer Coachingverlauf: Das hört sich jetzt komplizierter an, als es ist. Jeder Kartenstandort wurde von Harald kurz und knapp mit den dazugehörigen Argumenten „gefüllt“. Danach wurde er von mir gebeten, sich jeweils auf die einzelnen Karten zu stellen und nachzuspüren, was er an dem jeweiligen Ort spürte. Und DAS funktionierte!

Anmerkung: Sie kennen das? Ein Freund oder Bekannter kommt zu Ihnen mit einem Entscheidungsproblem und Sie haben das Gefühl, dass er/sie sich im Grunde genommen bereits entscheiden hat, sich aber, warum auch immer, nicht traut, seiner/ihrer Entscheidung Taten folgen zu lassen? Ich erlebe immer wieder, dass Klienten (als ihre eigenen Experten) sehr genau wissen, was sie wollen und was am besten für sie ist, ihr Selbstvertrauen in ihre innere Entscheidung jedoch nicht stark genug zu sein scheint. Entweder halten Glaubensätze sie davon ab, ihre Entscheidung umzusetzen (z. B.: „Das habe ich nicht verdient!“ oder „Ich darf nicht erfolgreich sein!“ oder „Das schaffe ich sowieso nicht!“) oder aber, sie sprechen sich selbst weitere Lösungsoptionen ab und befinden sich in der sogenannten Tunnelblick-Situation (nicht rechts, nicht links, nicht zurück > nur gerade aus!). Ebenso berücksichtigen sie nicht ihre vielen Ressourcen, die sie haben oder aber, sie schließen mögliche Handlungsoptionen von vornherein aus (vorweg genommene Annahme!), nach dem Motto: „Das klappt eh nicht!“ Das Tetralemma ist somit eine Einladung, alle möglichen Optionen zuzulassen, den Blick dadurch zu weiten und sich selbst zu erlauben, genau hinzuspüren, wo man genau steht!

Fazit: Harald konnte mit Hilfe dieser Übung und weiteren Gesprächen seinen ganz persönlichen Standort genau lokalisieren und eine Entscheidung treffen. In einer späteren Coachingsitzung kam seine Ehefrau dazu, die seine Entscheidung teilte, mittrug und ihn bestärkte. Sie hatten sich dazu entschieden, erst einmal für 2 Jahre in die USA zu gehen und sich von der Option eines möglichen Hausbaus zu befreien. Harald gab somit das elterliche Grundstück „frei“, auch, um sich die Option offen zu halten, evtl. sogar länger im Ausland zu bleiben oder irgendwann vielleicht noch einmal etwas ganz anderes zu machen.

Das Gefühl, ungebunden zu sein und sich selbst, auch beruflich, alle Möglichkeiten offen zu halten, entsprach genau seinem aktuellen Grundbedürfnis nach Unabhängigkeit und freier Entfaltungsmöglichkeit. Eine seiner größten Ressourcen war dabei die einvernehmliche Beziehung zu seiner Ehefrau, die dieses Grundbedürfnis teilte. Wir haben zusammen das klärende Gespräch mit seinen Eltern vorbereitet und ca. 5 Monate später sind Harald und seine Familie in die USA ausgereist, wo sie bis heute leben. Sie haben mittlerweile ein weiteres Kind und fühlen sich dort sehr wohl.

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